efms Migration Report
Dezember 2008 | | | | |
EU-Kommission versucht
erneut Rechte von Asylsuchenden zu stärken Die Kommission der
Europäischen Union (EU) legte am 03.12.08 die ersten konkreten Vorschläge
zur Änderung des EU-Asylrechts vor. Damit leitet die Kommission die ersten Schritte
zur Umsetzung der europäischen Asylstrategie vom 18.06.08 und dem
Europäischen Pakt zur Einwanderung und Asyl vom 16.10.08 ein. Die
Vorschläge zielen darauf ab, allen Asylbewerbern eine faire und gleiche Behandlung
überall in der EU zu garantieren, womit auch eine Besserstellung der Asylbewerber
einhergehen soll. So sieht die Kommission beispielsweise vor, das Arbeitsverbot für
Asylsuchende auf sechs Monate zu verkürzen. In Deutschland bleibt den Betroffenen
bislang der Zugang zum Arbeitsmarkt in der Regel für mindestens ein Jahr verwehrt.
Außerdem soll nach Wunsch der EU-Kommission die finanzielle Unterstützung
der Asylbewerber künftig am Sozialhilfeniveau orientiert und damit erhöht, die
Standards der Unterbringungseinrichtungen verbessert und die Bedürfnisse besonders
gefährdeter Gruppen wie Behinderte, psychisch Kranke oder traumatisierte
Flüchtlinge stärker berücksichtigt werden. Auch eine Überarbeitung
der Dublin II Verordnung wird angestrebt. Die Vorschläge müssen nun vom Rat
der Europäischen Union geprüft werden. Flüchtlingsorganisationen
zeigten sich hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Kommissions-Initiative allerdings wenig
optimistisch. Karl Kopp, Europareferent von Pro-Asyl, meinte etwa, die geplanten
Neuregelungen wären zwar sehr weitreichend, doch sicherlich würden sie wie
schon 2003 im Rat "kaputt verhandelt". Der innenpolitische Sprecher der
Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), kritisierte dagegen den
Vorstoß der Kommission. Brüssel schränke die Möglichkeiten der
Mitgliedsstaaten ein, er wünsche sich mehr Flexibilität statt Vorschriften, so
Weber. Focus 01.12.08 // Pressemitteilung EU 03.12.08 // Epoch
Times Deutschland online 03.12.08// taz 04.12.08
EuGH: Verwendung des
Ausländerzentralregisters teilweise rechtswidrig Der Europäische
Gerichtshof (EuGH) erklärte am 16.12.08, die Verwendung von Daten aus dem
deutschen Ausländerzentralregister für statistische Zwecke oder zur
Kriminalitätsbekämpfung im Sinne des Gemeinschaftsrechts als
unzulässig. Das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
geführte Ausländerzentralregister fasst bestimmte personenbezogene Daten von
Ausländern zusammen, die sich für einen Zeitraum von über drei
Monaten im deutschen Hoheitsgebiet aufhalten. Vor allem wird es zur Unterstützung
der Behörden bei der Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften sowie zur
Erstellung von Statistiken und zur Verfolgung von Straftätern genutzt. Letztgenannte
Verwendungszwecke seien laut EuGH nicht rechtens: Einerseits widerspreche eine Erhebung
und Speicherung namentlich genannter Personen zu statistischen Zwecken dem
Erforderlichkeitsgebot der Richtlinie zum Schutz personenbezogener Daten. Andererseits
verstoße die Verwendung des Registers zur Bekämpfung von Kriminalität
gegen das Diskriminierungsverbot. Da das Register nicht alle Bürger der
Bundesrepublik Deutschland erfasse, sei eine von der Staatsangehörigkeit
unabhängige Verfolgung von Straftaten nicht möglich, so die Luxemburger
Richter. Pressemitteilung EuGH 16.12.08 // FR
17.12.08
Schweiz tritt
Schengenraum bei Die Schweiz ist am 12.12.08 neues Mitglied des
Schengenraums geworden. Gleichzeitig entfallen damit die Personenkontrollen an den
Landesgrenzen, die durch mobile Kontrollen in grenznahen Gebieten ersetzt werden. Die
Grenzkontrollen im Luftverkehr werden erst im März 2009 abgeschafft. Da die
Schweiz kein EU-Mitglied ist, wird im sogenannten Warenverkehr weiterhin kontrolliert.
EU-Botschafter Michael Reiterer betonte anlässlich der Schengenraumbeitritts der
Schweiz darauf, das Land müsse nun die Freizügigkeit für die
Bürger aller EU-Staaten gewährleisten. Das gelte auch für die neuen
Mitglieder Bulgarien und Rumänien. Sollten bei dem für den 08.02.09 geplanten
schweizerischen Referendum über die Freizügigkeitsregelung
Einschränkungen beschlossen werden, würde die
"Guillotinen-Klausel" automatisch angewandt und andere bilaterale
Abmachungen verlören ihre Gültigkeit. Mit dieser Klausel wird im Allgemeinen
die Annahme eines Vertragspakets davon abhängig gemacht, dass alle Verträge
angenommen werden. Wird nur einer der Verträge von einer Partei nicht angenommen
oder später gekündigt, so gelten alle Verträge als nicht angenommen oder
gekündigt. Pressemitteilung EU-Kommission 12.12.08 //
ddp 12.12.08 // Focus online 14.12.08
Nach
Rücknahmeabkommen droht 7 000 Syriern die Ausweisung Ein zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und der Arabischen Republik Syrien geschlossenes so
genanntes Rücknahmeabkommen könnte bald sowohl für 7 000 in
Deutschland geduldete syrische Flüchtlinge als auch für einige Staatenlose und
Drittstaatsangehörige die Abschiebung bedeuten. Das bereits im Juli diesen Jahres von
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seinem syrischen Amtskollegen
Bassam Abdelmajid unterzeichnete Rücknahmeabkommen regelt im Rahmen der
Gegenseitigkeit die Voraussetzungen für die Rückübernahme
ausreisepflichtiger Personen aus dem Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei. In der
Vergangenheit konnten Rückführung nicht anerkannter Flüchtlingen nach
Syrien selten vollzogen werden, da die syrische Regierung nicht bereit war solche
Staatsangehörige wieder aufzunehmen. Aber auch Staatenlose und Drittstaatler die
über einen Aufenthaltstitel oder ein Visum in der Arabischen Republik verfügen
können nun zum 03.01.09 abgeschoben werden, wenn das Abkommen Kraft tritt.
Heftige Kritik an möglichen Abschiebungen kommt von Seiten der
Flüchtlingsorganisationen. In einem gemeinsamen Stellungnahme heißt es, die
Rückführung nach Syrien sei unverantwortlich. Syrien sei ein Folterstaat, in dem
elementare Menschenrechte nicht zählten und jede politische Opposition brutal
unterdrückt werde. Schäuble wies die Vorwürfe zurück, das
Rückführungsabkommen gelte nur für den Personenkreis, dessen
Ausreisepflicht zuvor in einem rechtsstaatlichen Verfahren festgestellt wurde. taz 05.12.08
Anschlag auf Passauer
Polizeichef belebt Rechtsextremismusdebatte Nach einer Messerattacke, die der
Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl am 13.12.08 nur knapp überlebte, diskutieren
Politik und Öffentlichkeit wieder verstärkt über Maßnahmen zur
Bekämpfung des Rechtsextremismus in Deutschland. Zwar ermittelt die Polizei gegen
Unbekannt, doch weist Mannichls Täterbeschreibung in die rechtsradikale Szene:
Unter anderem habe der Täter eine Glatze getragen und ihn mit den Worten
"Grüße vom nationalen Widerstand" niedergestochen. Erneut wird
nun über ein NPD-Verbotsverfahren diskutiert. Neben Bayerns
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach sich auch sein thüringischer
Amtskollege Dieter Althaus (CDU) sowie Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD)
für ein offensives staatliches Vorgehen gegen die NPD aus. Bundesinnenminister
Wolfgang Schäuble (CDU) und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier
mahnten dagegen, ein neues Verbotsverfahren beim Bundesverwaltungsgericht dürfe
nur eröffnet werden, wenn sein Erfolg sicher sei. Im Jahr 2003 war ein
Verbotsverfahren bereits gescheitert. Stephan Kramer, Generalsekretärs des Zentralrats
der Juden in Deutschland, forderte indessen eine verstärkte Beobachtung anderer
rechtsextremistischer Gruppierungen. Nicht die NPD stelle die wesentliche Gefahr dar,
sondern Gruppierungen wie die Neonazi Kameradschaften und der "Nationale
Widerstand", so Kramer. Als zunehmend bedeutend für den Kampf gegen
Rechtsextremismus wurde im Rahmen der Debatte das Internet als
"Radikalisierungsplattform" herausgestellt. Auf einschlägigen Seiten
würde Hass geschürt. Auch im Vorfeld des Anschlags auf Mannichl sei unter
anderem auf der Webseite des NPD-Bezirksverbands offen gegen den Polizeichef, der in
letzter Zeit mehrfach gegen Rechtsextremisten vorgegangen war, gehetzt worden,
erklärte Bruni Mayer, Landrätin des Kreises Rottal-Inn. FR 15.12.08 // FR 16.12.08 // Die Welt 17.12.08 // Die Welt 18.12.08 // BZ
22.12.08 // SZ 23.12.08
Einigung über
Straftatbestände bei Vorbereitung terroristischer Gewalttaten
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) und Bundesinnenminister Wolfgang
Schäuble (CDU) haben sich am 19.12.08 auf einen Gesetzentwurf verständigt,
der bestimmte Formen der Vorbereitung "schwerer staatsgefährdender
Gewalttaten" unter Strafe stellt. Der Aufenthalt in einem islamistischen
Ausbildungslager soll künftig mit einer Freiheitsstrafe von zwischen sechs Monaten
und zehn Jahren geahndet werden, sofern damit die Absicht verbunden sei, eine terroristische
Gewalttat durchzuführen. Die Aufnahme und Unterhaltung einer Beziehung zu einer
terroristischen Vereinigung mit demselben Zweck kann künftig mit einer Geldstrafe
oder bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Zusätzlich sollen die neuen
Straftatbestände mit aufenthaltsrechtlichen Vorschriften ergänzt werden, die es
ermöglichen einen Ausländer, der einen terroristischen Anschlag vorbereitet,
auszuweisen bzw. ein Einreiseverbot gegen ihn zu verhängen. Pressemitteilung BMJ 19.12.08 // Die Welt 20.12.08
Reformen der
Integrationskurse zeigen Wirkung Laut dem Fortschrittsbericht des Nationalen
Integrationsplans der Bundesregierung haben die Reformen zur Verbesserung der
Integrationskurse aus dem Jahr 2007 bereits Erfolge gezeigt. Die im Januar 2005 im Rahmen
des Zuwanderungsgesetzes eingeführten Integrationskurse sollen in Deutschland
dauerhaft lebende Drittstaatler bei ihrer Integration in die deutsche Gesellschaft
unterstützen. Nachdem ein vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebenes
Gutachten 2006 einige Qualitätsmängel auswies, wurden 2007 verschiedene
Reformmaßnahmen wie die Ausweitung der Unterrichtsstunden umgesetzt. Seit dem
sei die Anteil der Kursteilnehmer, die den Kurs mit der vorgesehenen
Abschlussprüfung absolvierten, von 65% im Jahr 2007 auf 87% im Jahr 2008
gestiegen, heißt es in dem Bericht. Deutscher Bundestag
online 22.12.08
Debatte um
"Deutsch im Grundgesetz" Mit großer Mehrheit und gegen den
Willen der Partei-Spitze hat die CDU bei ihrem Parteitag vom 02.12.08 beschlossen, Deutsch
als Landessprache im Grundgesetz verankern zu wollen. Die Stellvertretende
Bundesvorsitzende der Jungen Union, Dorothee Bär meinte, es sei eine
Selbstverständlichkeit, dass die deutsche Sprache einen besonderen Schutz durch das
Grundgesetz erfahre. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauerte den Beschluss ihrer
Partei und warnte vor einer Inflationierung von Verfassungsinhalten. CSU, SPD und die
Opposition lehnten den Vorstoß der CDU weitestgehend ab.
SPD-Bundespräsidentschaftskandidatin Gesine Schwan bezichtigte die CDU der
"Fortsetzung einer aversiven Politik gegen Einwanderer". Hartmut Koschyk,
parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag,
plädierte dagegen im Sinne der CDU. Die Sprache als zentrales Wesensmerkmal der
deutschen Identität sei auch Schlüssel für eine gelungene Integration von
Zuwanderern, meinte Koschyk. Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir entgegnete
dem, kein Kind lerne besser Deutsch wegen einer Änderung im Grundgesetz. Zur
Stärkung der deutschen Sprache müsse die Bildung gefördert werden.
Verfassungsrechtler Rupert Scholz verdeutlichte indes, eine Verankerung der deutschen
Sprache im Grundgesetz habe nur deklamatorischen Charakter und keine juristischen Folgen.
Die Welt 03.12.08 // Die Welt 04.12.08 // taz 05.12.08
Türkischer Migrant
als Sozialunternehmer des Jahres ausgezeichnet Der
türkischstämmige Sozialwissenschaftler und Medizinsoziologe Ramazan
Salman erhielt für die erfolgreiche Gründung des "Ethno-Medizinischen
Zentrums e.V." am 16.12.08 die Auszeichnung "Social Entrepreneur 2008".
Der Preis wird jährlich von der Schwab-Stiftung für Social Entrepreneurship
unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angel Merkel an Gründer von
Organisationen vergeben, die innovative, nachhaltige und praktische Lösungen zu
Problemen in den verschiedensten Bereichen umsetzen. Salmans Aktivitäten zielen auf
die Verbesserung der Integration von Migranten in die deutsche Gesellschaft ab. Sein
größtes Projekt "MiMi- mit Migranten für Migranten"
verfügt mittlerweile über 38 Standorte in Deutschland. Im Rahmen des Projekts
wurden bis dato 500 Migranten zu "Gesundheitslotsen" ausgebildet, die
beispielsweise ihren Landsleuten in Deutschland versuchen die Angst vor dem Arztbesuch zu
nehmen oder über Gesundheitsvorsorge informieren. Bundesintegrationsbeauftragte
Maria Böhmer (CDU) erklärte anlässlich der Auszeichnung, sie sei als
Schirmherrin des MiMi-Projektes sehr stolz auf die Arbeit Salmans. Bürgerliches
Engagement und Selbstverpflichtung seien Kernelemente der Integration, so Böhmer.
Bundesregierung online 15.12.08 //
www.bürgergesellschaft.de
Studie: Migranten sind
keine "Nichtleser" Der seit der Pisa-Debatte verbreiteten pauschalen
Annahme, Migranten würden kaum lesen, setzt die Stiftung Lesen mit der neuen
repräsentative Studie "Lesen in Deutschland 2008" nun ein anderes
Ergebnis entgegen: Das durchschnittliche Leseverhalten von Menschen mit
Migrationshintergrund entspreche laut Studie dem Bevölkerungsdurchschnitt. So
hätten 36% der Migranten angegeben, ein oder mehrmals die Woche ein Buch zu lesen
(Bevölkerungsdurchschnitt: 36%), 11% sogar täglich
(Bevölkerungsdurchschnitt: 8%). Andreas Storm, Parlamentarischer
Staatssekretär für Bildung und Forschung, resümierte das Ergebnis,
deutsch sprechende Migranten bildeten eine neue "Lese-Mittelschicht" mit
großem bildungspolitischem Potenzial. Ihre Mitglieder seien wichtige Multiplikatoren,
um bildungsferne Schichten zu erreichen. Pressemitteilung
Stiftung Lesen 04.12.08 // FR 05.12.08
Asylstatistik
Im Dezember 2008 haben 1 545 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt.
Damit ging die Zahl der Asylbewerber gegenüber November 2008 um 10,7% (-185
Personen) zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat Dezember 2007 stieg
die Zahl um 22,1% (+280 Personen). Hauptherkunftsländer im Dezember waren der
Irak (397), Afghanistan (95), Vietnam (91), die Türkei (88) und der Iran (76). Das
Bundesamt hat in diesem Monat über die Anträge von 1 784 Personen
entschieden. Insgesamt 689 Personen (38,6%) wurden als Asylberechtigt gemäß
der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt. Davon erhielten 19 Personen (1,1%) eine
Asylberechtigung nach Art. 16a des Grundgesetzes sowie 670 Personen (37,5%)
Flüchtlingsschutz nach § 3 des Asylverfahrensgesetzes i.V.m. § 60 Abs. 1
des Aufenthaltsgesetzes. Abgelehnt wurden die Anträge von 580 Personen (32,5%).
Anderweitig erledigt (z.B. durch Verfahrenseinstellungen wegen Rücknahme des
Asylantrages) wurden die Anträge von 441 Personen (24,7%). Pressemitteilung BMI 13.01.09
Dezember
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