efms Migration Report
Juni 1999 | | | | |
Zeitpunkt der Kosovo-Flüchtlingsrückkehr noch unklar Nach der Beendigung des Kosovo-Kriegs wird eine Rückkehr auch der nach Deutschland evakuierten Flüchtlinge in ihre Heimat möglich. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) erklärt, die Rückführung werde vermutlich erst im nächsten Frühjahr beginnen. Man werde die Flüchtlinge zunächst zur freiwilligen Rückkehr ermuntern und wolle vorherige Orientierungsreisen ermöglichen. Neben den ca. 15.000 Vertriebenen
des aktuellen Konflikts müßten auch jene ca. 180.000 Kosovo-Albaner, die sich schon länger ohne dauerhaften Aufenthaltstitel in Deutschland aufhalten, zurückkehren. Aus dem Verteidigungsministerium heißt es, die Flüchtlinge in Deutschland sollten erst nach den innerhalb des Kosovo und in die Nachbarländer geflohenen Menschen in ihre Heimat zurückkehren. Die Bundesländer Bayern und Berlin fordern dagegen eine möglichst rasche Rückführung noch in diesem Jahr. Laut Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) reisten nach Ende des Krieges
weiterhin Flüchtlinge nach Deutschland ein. Das Verwaltungsgericht Münster spricht einer Kosovo-Albanerin unter Hinweis auf die systematische Vertreibungspolitik der Serben politisches Asyl wegen Gruppenverfolgung zu. Ein anderes Verwaltungsgericht vertagt die Entscheidung in drei Asylverfahren, um den Fortgang des Friedensprozesses abzuwarten. SZ 05.06.99 // FR 05.06.99 // FR 07.06.99 // SZ 10.06.99 // NN 12.06.99 // Welt 12.06.99 // Welt 18.06.99 // dpa 28.06.99
Abschiebungen werden wiederaufgenommen; neue Richtlinien für den BGS Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hebt die von ihm Ende Mai verfügte Aussetzung der Abschiebungen gewaltbereiter Ausländer wieder auf und beugt sich damit dem Druck der Innenminister der Länder, die gewalttätige Ausländer nicht mit einem längeren Aufenthalt "belohnen" wollen. Dem Abschiebestopp war der Tod eines Sudanesen während seiner Rückführung im Flugzeug vorausgegangen.
Die Länder Hessen und Hamburg hatten sich über den Abschiebestopp hinweggesetzt und in Einzelfällen Landesbeamte zur Begleitung eingesetzt. Die Pilotenvereinigung Cockpit fordert, gewaltbereite Abschiebehäftlinge nur noch mit staatlichen Flugzeugen, beispielsweise in Sammeltransporten auszufliegen. Auf einer Fachkonferenz läßt das Bundesinnenministerium die Rückführungspraxis des Bundesgrenzschutzes (BGS) überprüfen und verbindet die Wiederaufnahme der Abschiebungen mit neuen Richtlinien, die z.B. den Gebrauch von Helmen ausschließt. Die Länder
als Veranlasser der Abschiebungen werden verpflichtet, den BGS umfassend über die Person des Rückzuführenden zu informieren, vor allem über Gewaltbereitschaft oder Suizidneigung. FR 10.06.99 // SZ 12.06.99 // FR 18.06.99 // FAZ 19.06.99 // Pressemitteilung BMI 25.06.99
Abschiebepraxis in Deutschland von unterschiedlichen Seiten kritisiert An der Praxis der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber üben unterschiedliche Gruppen Kritik. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) erstattet Strafanzeige gegen Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS), weil sie Mitte März 1999 sieben abgelehnte Asylbewerber aus Guinea während der Abschiebung mißhandelt und gedemütigt haben sollen. Die Grünen in Hamburg werfen der Innenbehörde der Stadt vor, zunehmend
Ausländer abzuschieben, die durch Atteste ihre Reiseunfähigkeit bescheinigen könnten. Zuletzt sei am 10. Juni eine psychisch kranke Kurdin aus der Türkei mit ihren drei Kindern in die Türkei ausgeflogen worden. Die deutsche Flüchtlingsinitiative Pro Asyl und der türkische Menschenrechtsverein (IHD) legen acht neue Fälle vor, in denen von Deutschland in die Türkei Abgeschobene nach ihrer Ankunft mißhandelt worden seien. Einem Kurden drohe wegen seiner Mitgliedschaft in der PKK die Todesstrafe. Pro Asyl und IHD fordern das Auswärtige Amt auf, umgehend
einen aktuellen Lagebericht über die Türkei vorzulegen und darin über die verschlechterte Menschenrechtssituation nach der Verhaftung von PKK-Chef Öcalan zu informieren. SZ 12.06.99 // dpa 22.06.99 // SZ 23.06.99 // dpa 23.06.99 // FR 25.06.99 // dpa 28.06.99
Niedersachsen setzt Abschiebungen erwerbstätiger Vietnamesen aus Das Land Niedersachsen verzichtet vorerst auf die Abschiebung erwerbstätiger Vietnamesen und deren Familienangehörigen. Damit reagiert die Landesregierung auf Proteste in zwei Einzelfällen. 150 Jugendliche hatten vor dem Innenministerium in Hannover gegen die Abschiebung einer 13jährigen Mitschülerin demonstriert. Innenminister Heiner Bartling (SPD) erklärt, die geplante bundesweite sogenannte Altfallregelung für länger
in Deutschland lebende Flüchtlinge werde aller Voraussicht nach nicht für Vietnamesen gelten, da mit Vietnam anderslautende vertragliche Vereinbarungen bestünden. dpa 14.06.99
Mecklenburg-Vorpommern richtet Härtefallkommission für Asylbewerber ein Eine Härtefallkommission aus je zwei Vertretern von Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Flüchtlingshilfeorganisationen und der Landesregierung wird in Mecklenburg-Vorpommern über besonders schwierige Fälle abgelehnter Asylbewerber beraten. Das Gremium soll die Arbeit der Ausländerbehörden durch die Berücksichtigung humanitärer Aspekte ergänzen, hat aber keine Entscheidungsbefugnis. Die
CDU-Opposition
kritisiert die Einsetzung der Kommission als ein Mißtrauensvotum gegen die fachliche Leistung der Ausländerbehörden. dpa 23.06.99 // FAZ 23.06.99
Zahl der ausländischen Studenten wird sich nach Reform des Staatsangehörigkeits-rechts verringern Der Anteil der sogenannten "Bildungsinländer" an deutschen Hochschulen, also Studenten ohne deutschen Paß, die eine deutsche Schule besucht haben und häufig auch hier geboren sind, dürfte im Zuge der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts zurückgehen. Derzeit macht diese Personengruppe ca. ein Drittel der insgesamt 158.000 Studierenden mit ausländischem Paß aus. taz
01.06.99
30 Jahre Abkommen gegen Rassendiskriminierung: Pro Asyl kritisiert Vor 30 Jahren trat in Deutschland das internationale Abkommen gegen Rassendiskriminierung in Kraft, in dem sich die Staaten verpflichten, alle diskriminierenden Gesetze und Vorschriften zu ändern oder aufzuheben. Anläßlich des Jahrestags kritisiert die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, die deutsche Politik habe die Defizite im Umgang mit Flüchtlingen und Minderheiten nicht ausgeräumt. Zum einen versäume man es, einer UN-Empfehlung
von 1997 zur Einführung eines umfassenden Anti-Diskriminierungsgesetzes zu folgen, zum anderen widersprächen die Praxis von Abschiebehaft und Abschiebungen sowie das sogenannte Flughafenverfahren dem Abkommen. dpa 14.06.99
Bundesverwaltungsgericht: Asylbewerber müssen Angaben zum Reiseweg belegen In einem Urteil bestimmt das Bundesverwaltungsgericht in Berlin, daß Asylbewerber, die nach eigenen Angaben auf dem Luftweg eingereist sind, dies den Behören nachweisen müssen. Die sogenannte Drittstaatenregelung, durch die eine legale Einreise auf dem Landweg für Flüchtlinge in der Praxis fast unmöglich ist, könne nur funktionieren, wenn die Beweislast über den Reiseweg beim Antragssteller selbst liege. FR 30.06.99
Iranische Staatsangehörigkeit muß bei Einbürgerung nicht aufgegeben werden Das Oberverwaltungsgericht von Rheinland-Pfalz spricht einem Iraner das Recht zu, seine ursprüngliche Staatsangehörigkeit auch nach seiner Einbürgerung in Deutschland zu behalten. Der Mann hatte argumentiert, ein Antrag auf Entlassung aus der iranischen Staatsangehörigkeit bedrohe Leben und Gesundheit seiner im Iran lebenden Angehörigen, weil er selbst Mitglied einer oppositionellen religiösen Gruppierung sei.
Das Gericht schloß sich dieser Argumentation an. FR 10.06.99
Aussiedlerstatistik; Schließung von Aufnahmeeinrichtungen geplant Im Juni wurden 6.251 Menschen als Spätaussiedler registriert, ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres (Juni 1998: 9.226). Nach einer Überprüfung der Aufnahmekapazitäten plant das Bundesinnenministerium, alle vorhandenen Erstaufnahmeeinrichtungen bis auf die Standorte Bramsche und Friedland zu schließen. Zur Begründung heißt es, der Zuzug von Spätaussiedlern stabilisiere sich
auf einem jährlichen Niveau von ca. 100.000, so daß man die deutlichen Überkapazitäten abbauen müsse. Pressemitteilung BMI 01.07.99
Asylstatistik Im Juni beantragten 9.640 Menschen politisches Asyl, ein Anstieg um knapp 40 % gegenüber dem Vormonat. Die Hälfte der Antragssteller stammte aus der Bundesrepublik Jugoslawien, dies ist seit November 1998 der höchste Zuwanderung dieser Gruppe. Die Anerkennungsquote bei abgeschlossenen Verfahren lag bei 4,0 %. Spiegel 22.06.99 // Pressemitteilung BMI 06.07.99
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