efms Migration Report
Juli 1995 | | | | |
Verbesserter Status für bosnische Flüchtlinge In den Ländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern erhalten bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsbefugnis. Bisher war lediglich eine Duldung, die für jeweils ein halbes Jahr verlängert werden konnten, vorgesehen. Die neue Aufenthaltsbefugnis ist an mehrere Bedingungen geknüpft: Die Flüchtlinge müssen seit mindestens 12 Monaten im Land
leben,
einen gültigen Paß besitzen und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. dpa 22.06.95 // FR 04.07.95 // FR 05.07.95 // FAZ 12.07.95 // FR 13.07.95
Kriminalstatistik: Weniger Asylbewerber und weniger Straftaten Bundesinnenminister Kanther führt den im Jahr 1994 registrierten Rückgang der Straftaten in der Bundesrepublik auf die Abnahme der Asylbewerberzahlen zurück; Zusammenhänge zeigten sich besonders bei der geringeren Zahl an Diebstahldelikten, die angeblich bei Asylbewerbern hoch sei. Betont wird außerdem der Rückgang von fremdenfeindlichen Gewalttaten; so gäbe es im Jahr 1994 keine Todesopfer aufgrund rassistischer Gewalt. Das
Bundeskriminalamt
weist jedoch auf die Zweifelhaftigkeit der Statistiken hin, da das Meldeverhalten der Polizei, insbesondere bei rechtsextremen Gewalttaten äußerst lückenhaft sei. SZ 13.07.95 // taz 21.07.95
Bayerische Asylpolitik: Vorschlag eines Kirchen-Kontingents Die bayerische Staatsregierung, die bisher Kirchenasyl für abgelehnte Asylbewerber grundsätzlich abgelehnt hat, spricht sich für die Einführung von "Kirchenkontingenten" aus, die Härtefälle vor der Abschiebung bewahren sollen. Die Kirche müsste damit allerdings die gesamten Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge übernehmen. Der Vorstoß des bayerischen Innenministeriums stößt auf unterschiedliche Reaktionen
in der Politik; die Kirchen selbst, ebenso wie Amnesty International, lehnen den Vorschlag ab mit der Begründung, der Schutz von Flüchtlingen sei Angelegenheit des Staates, der sich nicht seiner Verpflichtungen entziehen dürfe. Die Einsicht, daß das derzeit existierende Asylrecht zu wenig Raum für humanitäre Entscheidungen lasse, sollte stattdessen zu einer Änderung der Asylgesetzgebung führen. dpa 11.07.95 // FAZ 14.07.95 // Spiegel 17.07.95 // Zeit 21.07.95
Gründung einer türkischen Partei geplant Das Gründungskomitee der "Demokratischen Partei Deutschland" wird im Oktober die offizielle Gründungsversammlung in Berlin abhalten. Die Partei soll die Interessen der in Deutschland lebenden Türken vetreten und hat das Ziel, bei Bundestagswahlen anzutreten. Für die Anerkennng als Partei ist es nötig, daß die Mehrheit der Vorstandsmitglieder die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Der stellvetretende FDP-Bundesvorsitzende Brüderle befürchtet,
daß durch die Gründung von Ausländerparteien Konflikte zwischen ausländischen Gruppierungen in die deutsche Politik getragen würden und daß die Integration von Ausländern gefährdet sei. dpa 11.07.95 // dpa 12.07.95
Gerichtsurteil gegen Abschiebehaft Das Verwaltungsgericht Greifswald entscheidet, daß die Polizei in Berlin, die für die Abschiebungen von Ausländern zuständig ist, keine ausreichende Rechtsgrundlage für den Abschiebegewahrsam im Justizvollzug hat. dpa 17.07.95
Baden-Württemberg: Bürgerrechte für EU-Ausländer Das Gesetz, das Bürgern aus EU-Mitgliedstaaten in Baden-Württemberg das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunal- und Bürgermeisterwahlen gibt, soll noch 1995 in Kraft treten. SZ 19.07.95 // FAZ 20.07.95
Justizministerin fordert erweitertes kommunales Wahlrecht für EU-Ausländer Die Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ruft dazu auf, EU-Bürgern nicht nur das aktive und passive Wahlrecht zu kommunalen Vertretungen zu verleihen, sondern auch ihre Berufung in kommunale Wahlämter wie Landrat oder Bürgermeister zu ermöglichen. Die CDU/CSU hingegen lehnt eine Ausdehnung des kommunalen Wahlrechts ab, die über das im Maastrichter Vetrag zugesicherte aktive Wahlrecht
hinausgeht. FAZ 27.07.95 // SZ 28.07.95
Rücknahmeabkommen mit Vietnam unterzeichnet Deutschland und Vietnam unterzeichnen nach einjährigen Verhandlungen den Vertrag zur Rückführung der ohne Aufenthaltsberechtigung in Deutschland lebenden Vietnamesen. Das Abkommen tritt in zwei Monaten in Kraft; bis zum Jahr 2000 sollen in jährlichen Rückführungsquoten die insgesamt 40.000 Vietnamesen abgeschoben werden. Der Vetrag ist verbunden mit deutschen Finanzhilfezahlungen in Höhe von 25 Mio. Mark, außerdem gibt Bonn
die eingefrorenen Entwicklungshilfezahlungen in Höhe von 75.000 Mark wieder frei. Vietnams Zusage, die Rückkehrer nicht strafrechtlich zu verfolgen, wird von Flüchtlingsorganisationen, u.a. wegen des unzureichenden Datenschutzes, stark angezweifelt. SZ 22.07.95 // taz 22.07.95 // taz 28.07.95
Sachsen-Anhalt fördert ehemalige DDR-Vertragsarbeiter Das Land Sachsen-Anhalt bemüht sich um ein Bleiberecht für ehemalige DDR-Vetragsarbeiter aus Vietnam, Angola und Mosambique. Zur Förderung gehört auch die Vermittlung von Arbeitsplätzen, Zuschüsse für Arbeitgeber und Erleichterungen für ehemalige Vertagsarbeiter, die sich selbständig machen wollen. FR 18.07.95
Diskussion um die Aufnahme weiterer Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien Da die Eskalation des Bosnienkrieges eine neue Flüchtlingswelle erwarten läßt, dreht sich die politische Debatte um neue Flüchtlingskontingente und Verteilungsschlüssel. Vertreter der CDU/CSU und Außenminister Kinkel sprechen sich gegen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus; nach Bundsinnenminister Kanthers Meinung hat Deutschland seine Pflicht erfüllt, da bereits 80% aller bosnischen Flüchtlinge hier
lebten. Die Verteilung sollte sich auch nach Meinung der Ausländerbeauftragten Schmalz-Jacobsen gerecht auf alle europäischen Länder verteilen. Vertreter der "GRÜNEN" fordern einen gesicherten Flüchtlingsstatus für die Bosnier. NN 25.07.95 // SZ 26.07.95 // dpa 28.07.95 // SZ 29.03.95 // NZZ 29.07.95
Einschränkung der Sozialleistungen für Flüchtlinge Bundesgesundheitsminister Seehofer besteht trotz heftiger Proteste auf die geplanten Kürzungen der sozialen Leistungen für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge. Mit dem vom Kabinett beschlossenen Ausländer-Leistungsgesetz sollen 1,3 Milliarden Mark eingespart werden. SZ 28.07.95 // NZZ 29.07.95
Neue Welle kurdischer Anschläge Für die Brandanschläge, die in mehreren Bundesländern auf türkische Einrichtungen verübt wurden, machen die Sicherheitsbehöredn die PKK verantwortlich. Insgesamt verstärken sich die Spannungen bei Demonstrationen und besonders nach dem Tod einer Kurdin in Berlin, die sich an einem Hungestreik gegen die Kurdenverfolgung in der Türkei beteiligt hatte. dpa 27.07.95 // FR 27.07.95
Hessischer Abschiebestopp für Kurden ist gesetzeswidrig Hessen, das im Alleingang die Fortdauer des Abschiebestopps für Kurden beschlossen hatte, hat damit laut dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof gegen das Gesetz verstoßen, da es ohne die Zustimmung des Bundesinnenministeriums gehandelt hat. Der hessiche Ministerpräsident Eichel (SPD) kündigt die Aufhebung des Abschiebestopps an. SZ 28.07.95
Bayerischer Innenminister kritisiert Durchführung des Schengener Abkommens Die Kritikpunkte des bayerischen Innenministers Beckstein an der Durchführung des Schengener Abkommens beziehen sich auf die mangelnde Kooperation der europäischen Nachbarn. Er konstatiert Mängel am zentralen Fahndungscomputer (SIS), dessen eingespeicherte Daten größtenteils aus Deutschland stammten, und dessen Benutzung oftmals zu lange dauere. Beckstein bemängelt desweitern die Unfähigkeit der Schengen-Partner,
eine einheitliche Visaregelung zu treffen und die unzureichende Kontrolle der EU-Außengrenzen. NN 26.07.95 // FAZ 27.07.95
Statistik: Verringerung der Zahl der Abschiebungen Nach einer Umfrage der dpa bei den Innenministerien der Länder war die Zahl der Ausländer, die aus Deutschland abgeschoben wurden, im ersten Halbjahr 1995 geringer als im Vorjahr. Bis Ende Juni betrug die Zahl der Abgeschobenen insgesamt 15.900, von denen 11.700 abgelehnte Asylbewerber waren. SZ 29.07.95
Asylstatistik Im Juli zählte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge 10.223 neue Asylanträge; 1.093 Anträge mehr als im Juni sind. Die größte Zahl der Flüchtlinge stammt weiterhin aus der Türkei (1.896), danach folgen Rest-Jugoslawien (1.843) und Afghanistan (699). Die Asylgesuche von 1.410 Personen wurden anerkannt (10%), weitere 397 Personen erhielten Abschiebungsschutz (2,8%). 8.146 Anträge wurden abgelehnt (57,7%). Presseinformationen
des BAFl. 03.08.95 // FR 04.08.95
Juli 1995 | | | | |
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