efms Migration Report
November 2000 | | | | |
CDU, CSU und Grüne stellen neue Einwanderungskonzepte vor Die CDU-Spitze formuliert in ihrer "Arbeitsgrundlage für die Zuwanderungskommission der CDU" Eckpunkte für ein neues Zuwanderungskonzept. Darin wird grundsätzlich Zuwanderung nach Deutschland akzeptiert und auch für notwendig erachtet. Sie müsse jedoch gesteuert und begrenzt werden. Im Bereich Integration hält die CDU trotz interner Unstimmigkeiten am umstrittenen Begriff "Leitkultur" fest. Sie meint damit, dass die deutsche Sprache,
das Bekenntnis zum Grundgesetz und die Akzeptanz der in Deutschland herrschenden Traditionen des Humanismus, der Aufklärung und des Christentums unabdingbare Voraussetzungen für die Zuwandererintegration seien, welche auch durch spezielle Eingliederungsprogramme gefördert werden sollten. Des weiteren will die CDU über eine Reform des Asylrechts diskutieren und erwägt die Umwandlung des bisherigen Asylrechts in eine institutionelle Garantie. Die bayerische CSU legt ein eigenes, schärfer formuliertes Eckpunktepapier zum Thema vor, das Zuzugsbeschränkung, Abschaffung des
Asylgrundrechts zugunsten einer institutionellen Garantie und den Kampf gegen Asylmissbrauch fordert. Auch das CSU-Papier enthält den Begriff "Leitkultur", sieht aber Deutschland weiterhin nicht als "klassisches Einwanderungsland" an. Den wirtschaftlichen und demographischen Interessen Deutschlands möchte die CSU mit einer jährlichen Quote für qualifizierte Einwanderer entgegenkommen. Eine eigene CSU-Kommission unter der Leitung des bayerischen Innenministers Beckstein soll bis zum Frühjahr 2001 ein Konzept zur "Zuwanderungssteuerung- und begrenzung" erarbeiten, das dann in einen gemeinsamen
Entwurf mit der Schwesterpartei CDU münden soll. Die Grünen stellen in einem Autorenpapier ihr Drei-Säulen-Modell zur Regelung der Einwanderung vor, in dem von Kontingenten für drei verschiedene Einwanderergruppen ausgegangen wird, deren Quoten regelmäßig bedarfsorientiert von Bundesrat und Bundestag festgelegt werden müssten: 1. Einwanderung von Arbeitskräften; 2. Einwanderung aus politischen und humanitären Gründen, dazu zählen Bürgerkriegsflüchtlinge und Spätaussiedler; 3. Einwanderung auf Grund von Rechtsansprüchen
wie Asylgewährung, Familiennachzug und Freizügigkeit innerhalb der EU. Das individuelle Grundrecht auf Asyl müsse erhalten bleiben. Integrationskurse sollten ein Angebot für neue und länger im Land lebende Zuwanderer sein, keinesfalls sollte eine "deutsche Leitkultur" aufgezwungen werden. FAZ 2.11.00 // Der Spiegel 6.11.00 // CDU-Bundesgeschäftsstelle 7.11.00 // dpa 7 .11.00 // taz 7 .11.00 // SZ 8.11.00 // FR 9.11.00 // FR 14.11.00 // dpa 14.11.00 // Die Grünen Homepage 15.11.00
Anhaltende Debatte um Integration und "Leitkultur" Trotz der heftigen kontroversen Debatte um den Begriff "Leitkultur", der von Vertretern der SPD, der Grünen und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, besonders auch dem Vorsitzenden des Zentralrats der deutschen Juden Paul Spiegel, für überflüssig oder gar gefährlich gehalten wird, zeichnet sich eine parteiübergreifende Einigkeit darüber ab, dass Zuwandererintegration über die deutsche Sprache und die Akzeptanz des Grundgesetzes definiert
wird. Welt 1.11.00 // Der Spiegel 6.11.00 // taz 7 .11.00 // SZ 11.11. 00 // Welt 11.11.00
Parteienstreit um Asylrecht Zentrales Element im Streit um eine Einwanderungsgesetzgebung zwischen den Parteien ist das Asylrecht. Während die CSU die Abschaffung des Asylgrundrechts und stattdessen die Einführung einer institutionellen Garantie fordert, sind die Meinungen bei der CDU geteilt: Fraktionschef Friedrich Merz schließt sich der CSU-Forderung an; der saarländische Ministerpräsident und Vorsitzende der CDU-Zuwanderungskommission Peter Müller möchte durch rechtliche Änderungen
die Verfahren beschleunigen und Missbrauch bekämpfen, ist jedoch, genauso wie der stellvertretende CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers, gegen die Grundgesetzänderung. Zwischen den beiden Unionsparteien treten diesbezüglich Meinungsverschiedenheiten auf. Die Regierungsparteien, FDP und PDS bekennen sich zum derzeitigen Grundrecht auf Asyl; für eine Verfassungsänderung wird sich nach Aussagen des Grünen-Sprechers Volker Beck keine Mehrheit im Bundestag finden. Die Unionsparteien begründen die Abschaffung des Asylrechts mit dem ihrer Meinung nach starken Asylmissbrauch,
der sich an der niedrigen Anerkennungsquote von Asylanträgen von etwa 3 % ablesen liesse. Sie beziehen dabei jedoch nicht die große Zahl von Personen ein, denen aus rechtlichen Gründen oder wegen objektiver Abschiebungshindernisse Schutz gewährt wird. Eine Analyse der Bundesausländerbeauftragten errechnet, dass rund 50% der Asylbewerber Schutz erhalten. Laut Expertenaussagen würde die Abschaffung des Asyl-Grundrechts nichts daran ändern, dass Deutschland an völkerrechtlicher Verpflichtungen, insbesondere die Genfer Konvention, gebunden bleibt, die den Schutz politisch
Verfolgter garantieren; allerdings würden die juristischen Klagemöglichkeiten von Asylsuchenden eingeschränkt werden. Von verschiedensten Seiten, wie der Leiterin des UNHCR Sadako Ogata, von Bundestagspräsident Thierse sowie der evangelischen Kirche in Bayern wird eindringlich für den Erhalt des Rechtsanspruchs auf Asyl appelliert. SZ 4.11.00 // FR 9.11.00 // FR 20.11.00 // FR 21.11.00 // Spiegel online 21.11.00 // SZ 22.11.00 // FAZ 22.11.00 // Spiegel online 26.11.00 // dpa 27.11.00 // FAZ 28.11.00
EU fordert aktive Einwanderungspolitik In einem zweiteiligen Strategiepapier legt die EU-Kommission weitere konkrete Richtlinien für die 1998 in der Amsterdamer Verträgen beschlossene Harmonisierung der Einwanderungs- und Asylpolitik vor: Gefordert wird eine aktive, kontrollierte Einwanderungspolitik sowie ein "klares Bekenntnis zu mehr Einwanderung und zu multikulturellen Gesellschaften" in den EU-Staaten. Der zuständige Justizkommissar Vitorino will eine breite Debatte eröffnen, deren Ziel die Vorlage eines europäischen
Regelwerks zu Einwanderung und Asyl bis Ende 2001 ist. Er vertritt die These, dass die in den vergangenen 30 Jahren verfolgte Politik der "Verhinderung von Einwanderung" angesichts von wirtschaftlichen und demografischen Entwicklungen überholt ist. Von europaweiten Einwandererquoten sieht die Kommission ab; vielmehr soll auf der Basis von regelmäßigen Berichten der einzelnen Staaten der Bedarf an Arbeitskräften ermittelt werden und vom Ministerrat allgemeine Prinzipien der europäischen Einwanderungspolitik zusammengefasst werden. FR 22.11.00 // SZ 23.11.00 // NZZ
23.11.00 // taz 23.11.2000
Rücknahmevereinbarung mit Hongkong Ein Abkommen zwischen Deutschland und Hongkong verpflichtet beide Seiten, ihre Bürger bei einer Ausweisung aus dem anderen Land wieder aufzunehmen. FR 18.11.00
Abschiebung von straffälligen Asylbewerbern gerichtlich eingeschränk Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin entscheidet in drei Fällen von straffälligen kurdischen Asylbewerbern aus der Türkei, dass sie nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden dürfen. Sie wurden in Deutschland während der gewalttätigen Kurdenproteste im Frühjahr 1997 zu Jugendstrafen verurteilt; nach Auffassung des Gerichts besteht keine konkrete Wiederholungsgefahr. In der Türkei drohe ihnen politische
Verfolgung. dpa 16.11. 00 // Bundesverwaltungsgericht Pressemitteilung 16.11.00 // FR 18.11.00
Expertenforum zur Unterstützung des BAFl eingerichtet In Zukunft arbeitet das Informationszentrum Asyl beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) in Nürnberg mit einem Forum von externen Experten aus Verwaltung, Gerichtsbarkeit, Wissenschaft, UNHCR und Menschenrechtssgruppen zusammen. Das Expertenforum unterstützt die Arbeit des BAFl in den Schwerpunkten Asylrecht, Flüchtlingsschutz und Migration. BMI Pressemitteilung 23.11.00 // BAFl
Pressemitteilung 23.11.00
Bleiberecht für traumatisierte Flüchtlinge aus Bosnien Die Innenminister von Bund und Ländern verständigen sich darauf, den unklaren Aufenthaltsstatus und ständigen Ausweisungsdruck für schwer traumatisierte Flüchtlinge aus Bosnien zu beenden. Personen, die vor dem 15.12.1995 eingereist sind und sich spätestens seit 1.1.2000 in psychotherapeutischer Behandlung befinden, erhalten eine zunächst auf zwei Jahre befristete Aufenthaltsbefugnis. Flüchtlinge aus dem Kosovo, die einen festen
Arbeitsplatz haben, dürfen mit Hinblick auf Forderungen aus der Wirtschaft bis Ende Juli 2001 bleiben, während ihre Familienangehörigen bis zum 31. April 2001 ausreisen müssen. SZ 23.11.00 // Spiegel online 24.11.00 // SZ 25.11.00
Aussiedlerstatistik Im November 2000 wurden 7.272 Spätaussiedler in Deutschland aufgenommen. Im gleichen Monat des Vorjahres waren es 11.595. Insgesamt wurden im November 2000 9.446 neue Aufnahmenaträge gestellt. (November 1999: 13.089). BMI Pressemitteilung 7.12.00
Asylstatistik Im November wurden 7.909 Asylanträge gestellt. Gegenüber dem Vormonat ist die Zahl um 225 Anträge (2,9 %) gestiegen. Im Vergleich zum November 1999 ist ein Anstieg um 5,8 % zu verzeichnen. Die drei wichtigsten Herkunftsländer sind Irak (1.239 Personen), Türkei (896 Personen) und Bundesrepublik Jugoslawien (767 Personen). Von den 8.010 in diesem Monat entschiedenen Fällen wurden 305 Personen (3,8 %) als asylberechtigt anerkannt, der bisherige Höchststand des Jahres. Auch die
Anzahl der Personen, die Abschiebeschutz nach § 51 Abs.1 des Ausländergesetzes erhalten ist mit 13,3 % auffallend hoch. Abgelehnt wurden 55,7 % der Anträge. Pressemitteilung des BMI 7.12.00
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